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am 15.09.2023 - 08:47 Uhr

Der BACtwin als Grundlage für die Planung und Ausschreibung zukunftssicherer Gebäudeautomationssysteme in der Praxis

Der sechste Teil der BACtwin-Serie befasst sich mit den Unterschieden zwischen der Planung einer Gebäudeautomation (GA) mit und ohne BACtwin. Der Beitrag basiert auf einem Vortrag eines ICONAG-Online-Seminares im Mai 2023.

Der sechste und letzte Teil der BACtwin-Serie beleuchtet die Vorteile des digitalen Zwillings der Gebäudeautomation als Grundlage für die Planung und Ausschreibung zukunftssicherer Gebäudeautomationssysteme in der Praxis. Daniel Rörich von der ICONAG-Leittechnik GmbH, stellt die Unterschiede zwischen der Planung einer Gebäudeautomation (GA) ohne und mit BACtwin heraus. 

 

Ablauf einer GA-Planung

Der Prozess für eine GA-Planung läuft üblicherweise folgendermaßen ab: Die Fachplaner konzipieren die Anlagen ihrer Gewerke. Wenn die Fachplaner ihre Arbeit abgeben, liegen Konzepte, Leistungsverzeichnis, Kostenschätzungen, Topologien, Anlagenschemata und vieles mehr auf dem Tisch. In den meisten Fällen soll damit die Gebäudeautomationsplanung in kürzester Zeit abgeschlossen sein.

 

Planung ohne BACtwin

Wie eine Planung ohne BACtwin abläuft, wird am nachfolgenden Beispiel eines Ventilators, beziehungsweise einer Pumpe deutlich: Der HKLS-Planer (Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär) übergibt seine Anlagenschemata dem Gebäudeautomationsplaner, ordnet auf Basis seiner Expertise den Betriebsmitteln Funktionen zu und überführt diese in die GA-Funktionsliste nach VDI 3814 "Gebäudeautomation (GA) - Grundlagen (2019). Dabei problematisch ist, dass ein Bauherr und mehrere Liegenschaften oder Projekte und verschiedene Gebäudeautomationsplaner zusammenkommen können. Identische Betriebsmittel werden dann mitunter bereits in der Planung mit divergierenden Funktionen bedacht.

 

 

Abbildung 1: Ein Bauherr, mehrere Liegenschaften/Projekte und verschiedene GA-Errichter: Ohne BACtwin hängt die Qualität der Projektierung von der Expertise des Errichters ab. (Alle Abb. © ICONAG-Leittechnik)

 

Bei der Errichtung ohne BACtwin stellt sich nun die Frage, wie die GA-Funktionslisten in die Programmierung der Automationsstationen übertragen werden können. Der Gebäudeautomationsplaner übergibt die GA-Funktionslisten an den Gebäudeautomationserrichter. Dieser wendet, falls vorhanden, die Vorgaben aus dem GA-Lastenheft auf die umzusetzenden Funktionen an, überführt sie anschließend auf Basis seiner Expertise in die BACnet-Projektierung und überträgt die Programmierung schließlich auf die Automationsstation. Die Qualität der BACnet-Projektierung hängt damit von den Vorgaben des Planers und der Expertise des Errichters ab. im BACnet-Netzwerk könnend dadurch spezifische Unterschiede folgender Arten entstehen:

 

Unterschiedliche Kennzeichnungen und Klartextbezeichnungen für identische Betriebsmittel und Funktionen: Kennzeichnungssysteme sind oft nicht eindeutig hinsichtlich der zu wählenden Betriebsmittel oder Funktionskennzeichners, sondern bieten mehrere Varianten an. Hierdurch können, je nach Interpretation des Programmierers, unterschiedliche Kennzeichnungen und Klartextbezeichnungen für identische Betriebsmittel und Funktionen als Object Name beziehungsweise Description verwendet werden.

 

Unterschiedliche Objekttypen für identische Funktionen: Abhängig vom Automatisierungssystem und den Gewohnheiten des Programmierers kommt es vor, dass identische Funktionen über unterschiedliche BACnet-Objekttypen bereitgestellt werden.

Beispiele:

  • Betriebsmeldung: Binary_Object <> Multistate_Object
  • Betriebsartenschalter: Binary_Object <> Multistate Object <> Integer_Object <> Analog_Object

 

Unterschiedliche beziehungsweise unvollständige Objekt-Eigenschaften (Properties): Die Projektierung von Properties wird bei fehlenden Vorgaben oft durch den Errichter vergessen oder unterschiedlich ausgeführt.

Beispiele:

  • Units: Keine Angabe der Einheit bei Analog_Objects
  • State_ sowie Active_und Inactive_Texts: Ersatztexte bei Multistate_ und Binary_Objects werden für identische Funktionen divergierend oder gar nicht angegeben.

 

Unterschiedliche beziehungsweise nicht eingerichtete Managementfunktionen: Objekte mir Alarmbedingungen werden unterschiedlichen oder gar keinen Notification_Classes zugeordnet. Statt der Verwendung von Schedule_Objects für Zeitschaltfunktionen werden proprietäre Zeitschaltfunktionen verwendet.

Probleme bei der GA-Planung ohne BACtwin

Das zuvor beschriebene gängige Planungs- und Ausführungsprozedere im Gewerk GA führt folglich zu:

  • inhomogenen BACnet-Projektierungen und damit zu inhomogenen Bedien-, Anzeige- und Managementfunktionen auf der Management- und Bedieneinrichtung
  • gegebenenfalls erforderlichen Überarbeitungen der BACnet-Projektierung und damit zu Mehrkosten und erhöhtem Zeitaufwand
  • Vermeidbarem Aufwand und Frust bei Bauherrn, Planern und Ausführenden
  • verkomplizierter Bedienung gleicher Anlagen für den Haustechniker

 

Planung mit BACtwin

In der Planung mit BACtwin unterscheidet sich der Prozess erheblich, wie ebenfalls das Beispiel eines Ventilators oder einer Pumpe zeigt:

Der HKLS-Planer übergibt seine Anlagenschemata dem Gebäudeautomationsplaner. Dieser identifiziert die passende Musteranlage im BACtwin, befüllt die Planer-Properties (Eigenschaften und Informationen) - im in Abbildung 2 dargestellten Fall in der Musteranlage "HKR-2" - mit den vom Bauherrn geforderten Objekten und Properties und überführt die Angaben in die GA-Funktionsliste mit linker und rechter Erweiterung.

Bei einem Projekt mit einem Bauherrn, mehreren Liegenschaften oder Projekten und verschiedenen GA-Planern führt das zu identischen Anlagen und Betriebsmitteln.

Errichtung mit BACtwin

Bei der Errichtung mit BACtwin verhält es sich ähnlich: Der Gebäudeautomationsplaner übergibt die GA-Funktionslisten mit linker und rechter Erweiterung an den Errichter. Dieser erweitert den rechten Teil der GA-Funktionsliste um die Errichter-Properties, überführt die GA-Funktionen in die BACnet-Projektierung und überträgt die Programmierung schließlich auf die Automationsstation. Dadurch entstehen identische BACnet-Projektierungen für identische Anlagen und Aggregate im gesamten entsprechend umgesetzten BACnet-Netzwerk des Immobilienportfolios.

 

Vorteile bei Planung und Ausführung mit dem BACtwin

Planungen und Ausführungen mit zugrunde liegendem BACtwin führen zu:

 

 

Abbildung 2: Dieselbe Ausgangslage wie in Abbildung 1, allerdings gibt es nun mit BACtwin identische Projektierungen für identische Anlagen und Aggregate.

Fazit

Planungen und Ausführungen mit zugrunde liegendem BACtwin führen zu homogenen BACnet-Projektierungen und damit zu homogenen Bedien-, Anzeige- und Managementfunktionen auf der Management- und Bedieneinrichtung, sowie zu reibungsloseren Projektumsetzungen und letztendlich zu zufriedenen Bauherrn, Planern und Ausführenden. Festzuhalten ist jedoch, dass der BACtwin ein BACnet-Lastenheft nicht in Gänze ersetzen kann. Der BACtwin definiert lediglich die Anwendung der BACnet-Objekte und die Verwendung von deren Properties auf Anlagen und Aggregattypen.

Für Gebäudeautomationssysteme mit BACnet sind unabhängig vom BACtwin weitere Vorgaben erforderlich wie

  • Strukturierung von Device Ids
  • grundlegende Festlegungen von zu unterstützenden BACnet Services
  • zulässige BACnet-Device-Typen
  • BACnet Network Management, zum Beispiel Einsatz von BACnet Broadcast Management Devices oder BACnet Time Master

 

Autor: Daniel Rörich verantwortet seit acht Jahren die Beratung von Bauherren und Planern bei der ICONAG-Leittechnik GmbH, in Idar-Oberstein. In dieser Funktion hat er zahlreiche Betreiber eigener Immobilienportfolios und deren Planer bei der Erarbeitung herstellerneutraler BACnet-Vorgaben unterstützt.

 

Praxis-Informationen zum Thema BACtwin enthält der Zoom-Vortag von Edelbert Löffler, Geschäftsführer des GA-Ingenieurbüro BGA, Hünenberg, Schweiz und Mitarbeiter im AMEV AK BACtwin. Herr Löffler berichtete im ICONAG-Webinar am 23.05.2023 über die praktischen Erfahrungen mit der ersten BACtwin-Anwendung in Deutschland bei einem Referenz-Projekt für die Versicherung Generali. Den Link zum Download der Vortragsunterlagen und zu der Aufzeichnung des ICONAG-Webinars finden Sie hier:

 

Zur Aufzeichnung

Vortragsunterlagen herunterladen

Die ICONAG MBE (Management- und Bedieneinrichtung)-Software wurde als B-AWS (Bacnet Advanced Workstation) nach der aktuellen BACnet Revision 19 zertifiziert.

 

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