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Teststellung Veranstaltungskalender

Einsatz des digitalen Zwilling am Beispiel des LUX-Pavillons der Hochschule Mainz

am 25.04.2025 - 08:21 Uhr

Einsatz des digitalen Zwillings am Beispiel des LUX-Pavillons der Hochschule Mainz

Integration von Gebäudeautomation in das Building Information Modeling

Der LUX-Pavillon ist eine Austausch- und Präsentationsplattform der Hochschule Mainz für Studierende, Lehrende und externe Partner aus Wirtschaft, Kultur und Forschung, der die Mainzer Innenstadt belebt.

Neben seiner Funktion als Veranstaltungsort dient der LUX-Pavillon als Pilotprojekt für einen vollständigen digitalen Zwilling eines Gebäudes. Ziel ist u.a. zu zeigen, wie die Verknüpfung von Gebäudeautomation (GA) mit dem Building Information Modeling (BIM)  geleistet werden kann, um damit eine Optimierung von Energieeffizienz, Betriebsführung und Wartung zu erreichen.

Im Rahmen eines Reallabors unter Leitung von Prof. Thomas Giel und dem Lehrbeauftragten Christian Wild soll ein durchgängiger Datenfluss von der Gebäudeautomation (GA) ins BIM-Modell und die Integration aller Gebäudedaten und Funktionen der Gebäudeautomation in einer zentralen, digitalen Plattform umgesetzt werden. Diese umfasst die digitale Erfassung und Visualisierung der physischen Gebäudeelemente inklusive der technischen Gebäudeausrüstung(TGA), also einschließlich z. B. der Heizungs-, Lüftungs- und Klimasystemen sowie der sich daraus ergebenden Funktionen der Gebäudeautomation. Der im Rallabor zu verprobende Ansatz ermöglicht damit die Live-Datenübertragung der Gebäudefunktionen ins BIM-Modell.

 

Übersicht: von der GA zum BIM

Der eingeschlagene Weg zur Integration der Gebäudeautomation ins BIM-Modell verspricht

  • eine Live-Datenübertragung aus der Gebäudeautomation (GLT) ins BIM-Modell.
  • hohe Effizienzgewinne für alle Projektbeteiligten.
  • eine Lösung für Bestandsgebäude und Neubauten.
  • die Nutzung von Standardschnittstellen auf allen Prozessstufen.
  • die maschinelle Unterstützung zur Vereinfachung und Beschleunigung der Datenerfassung und -verarbeitung.
  • die Berücksichtigung der Anforderungen an IT-Sicherheit und Datenschutz.
  • die Schaffung eines „lebenden“ digitalen Zwillings, der kontinuierlich aktualisiert wird.

 

Abbildung von Hülle und TGA

Die digitale Erfassung und Visualisierung von physischen Gebäudeelementen (zum Beispiel Fassade, Wände, Türen, Dach etc.) und die Integration der technischen Gebäudeausrüstung (zum Beispiel Heizungs-, Lüftungs- und Klimasysteme) sind die Grundlage für die Modellierung, Analyse und Optimierung der Funktion der technischen Anlagen.

 

Abbildung der Gebäudeautomationsfunktionen

Die digitale Modellierung aller Funktionen des Gebäudes (zum Beispiel von Raumklimatisierung, Beleuchtung, Beschattung) und die Live-Datenübertragung aus der Gebäudeautomation ins BIM-Modell ermöglichen die Optimierung von Energieverbrauch und Betriebsabläufen sowohl durch klassische Methoden der Anlagenmodellierung als auch auf Basis datenbasierte Analysen mit Hilfe künstlicher Intelligenz.

 

Technische Integration und Datenverarbeitung

Die Gebäudefunktionen und Energieverbräuche werden über vorhandene Bus-Schnittstellen wie BACnet, M-Bus, ModBus, LoRa o.ä. erfasst und in einer zentralen Datenpunktliste zusammengefasst. Ein wesentliches Ziel ist dann die Standardisierung und Homogenisierung der Datenadressierung, um die Daten allgemeingültig interpretierbar zu machen. Dies istinsbesondere für Bestandsgebäuden wichtig, die in aller Regel sehr heterogene System- und Datenlandschaften aufweisen.

 

Hierbei kommt das BACtwin-Benutzeradressierungsystem  zum Einsatz das der AMEV Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen) 2024 als Empfehlung veröffentlicht hat. Technologisch unterstützt wird die Normierung durch Anwendung der Forschungsergebnisse von Dr. Maximilian Both (Entendix GmbH), der über diese Aufgabe promoviert hat.

 

Der nächste Schritt ist, die nun systemübergreifend interpretierbaren Daten in eine international standardisierte Gebäude- und Facility Management Ontologie zu überführen. Hierfür bieten sich aufgrund ihrer breiten Akzeptanz die Brick- und RealEstateCore-Ontologien an.

 

Durch eine Mapping der Ontologien mit dem BIM-Modell über die digitalen Zwillinge der CAD-Werkzeuge stehen die GA-Anlagen mit ihren Funktionen und z. B. ihren Energieverbräuchen im BIM-Modell zur Verfügung, das dann als SSOT (Single Source of Truth – Zusammenfassung aller Daten an einem zentralen Ort) auch für alle betriebsrelevanten fungiert.

 

ESG-Reporting und Nachhaltigkeit

Environmental Social Governance (ESG) ist aufgrund des „Green-Deals“ der EU existenziell für fast alle mittleren und größeren Unternehmen in der EU. Für das ESG-Reporting werden Gebäudedaten benötigt, denn es verlangt eine kontinuierliche Verbesserung zum Beispiel bei der CO2-Reduktion, die erreicht und nachgewiesen werden muss. Simulation und Prognose sind Voraussetzungen für eine kontinuierliche Verbesserung der CO2-Reduktionen. Hier kommt der digitale Zwilling des Gebäudes samt seiner GA-Funktionen zum Einsatz.

 

Fachkräftemangel und KI

  1. der Babyboomer-Ruhestandswelle und des sich immer weiter verschärfenden Mangels an Fachkräften wird der effiziente Betrieb der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) zunehmend herausfordernder.  Durch die Standardisierung und die durch das Vorgehen erreichte Interpretierbarkeit der Daten wird der Einsatz sowohl von modellbasierten Optimierungsmethoden sowie von künstlicher Intelligenz (KI) im Gebäudebetrieb ermöglicht. Klassische Typfehler werden unmittelbar erkannt und prognosebasierte Optimierungen ermöglicht. Alleine dieses Vorgehen verspricht eine Energieeinsparung von 20-30% im Gebäudebestand.

 

Zusätzlich können mit Unterstützung von beispielsweise Augmented Reality und KI-basiertem Wissensmanagement auch weniger qualifizierte Personen unter Anleitung Arbeiten vor Ort ausführen. Der digitale Zwilling des Gebäudes bildet die Grundlage für den Einsatz.

 

Wartung und Instandhaltung

Die mangelhafte Funktion oder der Ausfall von Anlagen der Heizungs-, Kühl- und Raumlufttechnik sowie der Warmwasserversorgung verursacht hohe Kosten im Gebäudebetrieb. Der digitale Zwilling gibt Auskunft über die verbauten Bauteile, deren Funktion und Wartungszustand. Durch den zielgerichteten Austausch von Bauteilen und die vorausschauende Wartung werden Kosten weiter reduziert, der Energieverbrauch gesenkt und Humanressourcen effektiver eingesetzt.

 

 

Internet of Things (IoT) und smarte Gebäude

Gebäude werden komplexer und es werden immer mehr Sensoren verbaut. Das Management der Sensorik sowie der damit erfassten Daten wird im reibungslosen und sicheren Gebäudebetrieb immer wichtiger. Der digitale Zwilling ermöglicht die Überwachung, gibt Informationen zum Fabrikat, Zustand und Einbauort sowie gegebenenfalls notwendiger, sicherheitsrelevanter Software-Updates.

 

Übersicht: Use Cases

Der Einsatz des digitalen Zwilling unterstützt in vielen Bereichen:

  • Informationen zum ESG-CO2 Fußabdruck
  • Technische Betriebsführung
  • Ausschreibungen von Wartungen wie beispielsweise Filteranzahl, Typen Lüftungsanlagen, Ersatzteile, Leuchtmittel …
  • Abruf von Lokalisierung und Informationen zu den Assets,
  • Effiziente Durchführung der Tätigkeiten des Fachpersonals und Einsatz der Materialien
  • Gebäudedaten des BIM-Modells liegen in in einem Common Data Environment (CDE) als SSOT, Daten sind und bleiben in der Verantwortung des Betreibers
  • Gewährleistungsmanagement
  • Rechtssicherheit
  • Informationen zum Rückbau

 

Gesetzlicher Hintergrund GEG

Eine wichtige gesetzliche Vorgabe für die Gebäudeautomation findet sich im Gebäudeenergiegesetz (GEG). §71a schreibt ab dem 01.01.2025 Gebäudeautomations- und steuerungssysteme und das Monitoring in allen bestehenden und neuen Nichtwohngebäuden ab 290 Kilowatt Gesamtnennleistung für Heizung und Klimatisierung vor.

Zur Erfüllung der Anforderungen muss ein Nichtwohngebäude mit digitaler Energieüberwachungstechnik ausgestattet werden.

 

Hürden und Lösungsansätze

Scan2BIM

(Scan to Building Information Modeling) ist ein Prozess, bei dem reale Gebäudestrukturen mithilfe von 3D-Laserscanning oder photogrammetrischen Techniken digital erfasst werden, um daraus präzise 3D-Modelle zu erstellen. So lassen sich in Bestandsgebäuden die physischen Bauteile schnell und kosteneffizient erfassen und digitalisieren

Low Coding

Vorgefertigte Konfigurationen helfen, das System schnell einzurichten. Eine Low-Code-Umgebung mit einer grafischen Benutzeroberfläche ist sehr anwenderfreundlich, um Digitalisierungsaufgaben effizient zu erledigen

KI-Unterstützung

Datenanalyse und Mapping sollten weitestgehend automatisiert erfolgen. Personalkapazitäten können so entlastet werden und Ressourcen effizienter genutzt werden. Verbesserung der Qualität des Daten-Mappings. Trainieren der KI mit Plänen und Regel-Schemata.

 

Zusammenfassung

Der LUX-Pavillon verdeutlicht das Potenzial eines digitalen Zwillings zur Optimierung des Gebäudebetriebs und als Basis für zukünftige nachhaltige Smart-Building-Konzepte. Die Integration von GA und BIM verbessert die Effizienz, senkt Kosten und trägt zur Erreichung regulatorischer Nachhaltigkeitsziele bei.

Ein digitaler Zwilling ermöglicht eine präzise Analyse und Optimierung technischer Anlagen sowie datenbasierte Vorhersagen zur Betriebsführung. Die Vorteile sind

  • Automatisierter Datenfluss: Effizienzsteigerung durch die Integration von Bestands- und Neubaudaten.
  • Lebenszyklusorientierter Gebäudebetrieb: Langfristige Optimierung von Wartung und Betriebskosten.
  • IT-Sicherheit und Datenschutz: Berücksichtigung aktueller Sicherheitsanforderungen.

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